Leicht verdientes Geld, oder?
Eigentlich sollte ich nur einen Ameisenhaufen für einen Infoflyer für das Hamburger Amt für Naturschutz fotografieren. Das habe ich auch prompt gemacht. Am Wochenende bin in raus aufs Dorf zu
meinen Eltern gefahren und habe mir das Fahrrad von meinem Vater geschnappt. Nach einer kurzen Runde durch den Wald habe ich auch schon das Objekt der Begierde gefunden. Ein Ameisenhaufen wie aus
einem Bilderbuch. Und dann noch direkt am Wegesrand. Zu groß war er auch nicht, sodass man alles gut in ein Bild bekommt und sogar noch Details erkennen kann.
Ich habe mein Weitwinkel auf die D850 geschnallt und mich so positioniert, dass ich noch ein wenig vom Habitat mit drauf habe. Ästhetik ist hier zweitrangig gewesen, aber trotzdem wollte ich den
Hintergrund nicht ganz scharf haben. Dieses vermeintlich einfache Bild gestaltete sich als schwieriger als ich vorerst ahnte. Zum Glück hat die D850 ein Klappdisplay, denn ich musste mich für
meinen Bildaufbau eigentlich auf den Boden legen, oder zumindest in die Hocke gehen. Der Waldboden war aber voller Ameisen, welche langsam anfingen Interesse an mir zu finden. Bodenkontakt war
also keine Option!
Da der Haufen im Schatten liegt habe ich mich für Blende f4 bei ISO 800 mit einer Belichtungszeit von 1/60 Sek. und einer Brennweite von 20 mm entschieden. Zum Glück hat die Linse einen Stabi!
Nach einigen verkrampften Versuchen und mehrfachem Abschütteln der Ameisen, hatte ich dann endlich das Bild im Kasten und hätte eigentlich nach Hause fahren können. Aber jetzt hat mich der
Ehrgeiz gepackt und eine Bildidee formte sich im meinem Kopf.
Komm hol das Makro raus…
Mein Zielfoto sollte eine Makroaufnahme einer einzelnen Ameise auf der Spitze des Ameisenhaufens sein.
Bei dem Gewusel war an einen Stack nicht zu denken. Da ich im Schatten saß, musste ich einen Kompromiss zwischen ISO, Blende und Auslösegeschwindigkeit eingehen. Nach etlichen Fehlversuchen
tastete ich mich an folgende Einstellung heran: f9, ISO 2000, 1/200 Sek. (die Brennweite ist fix bei 105 mm). Die Einstellungen stimmen jetzt zwar, aber der Winkel noch nicht. Mit Klappdisplay
arbeiten ging in gebückter Position auf Dauer einfach nicht. Da machte der Rücken nicht mit. Es blieb mir nichts anderes übrig als doch in die Hocke zu gehen und zu riskieren, dass ich als
nächstes von den Krabblern in den Haufen gezogen werde. Drei, vier, fünf Schüsse waren mir vergönnt bevor ich die Invasoren wiederholt abschütteln musste und nie hat mir einer von Ihnen den
gefallen getan so zu posieren, wie ich es gerne hätte.
Trick 17
Nach ca. zwei Stunden vergeblicher Mühe musste ich mir eine neue Strategie einfallen lassen. Ich erinnerte mich daran, dass wir als Kinder gezeigt bekommen haben, dass wenn man ein Taschentuch
auf den Ameisenhaufen legt, die Ameisen diesen angreifen und mit ihrer Säure besprühen. Dies machte ich mir zu Nutze. Ich riss ein winziges Stück Papiertaschentuch ab und legte es kurz hinter die
Kuppe des Ameisenhaufens, sodass es nicht im Bild ist.
Und der Plan ging auf! Kurzzeitig waren die Ameisen alarmiert und inspizierten das Taschentuch. Sie kamen aus allen Richtungen an und flitzen über die Spitze ihrer Burg. Zu meinem Glück hielt
immer mal eine einzelne Arbeiterin an. Der Fokus war voreingestellt und als endlich mal eine in meine Richtung schaute, hatte ich das Zielfoto im Kasten! Der Preis dafür waren nur einige
Ameisenbisse und ein krummer Rücken. Es hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. Ich habe jetzt nicht nur ein interessantes Wandbild, sondern obendrein hat das Naturschutzamt das Bild auch noch
zusätzlich gekauft.
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