Nach dem Aufstehen entschied ich, dass es eine clevere Idee ist meine Drohne durch das Zimmerfenster fliegen zu lassen. Raus war leicht, aber rein endete in einer Bruchlandung auf dem Bett. Puh! Alles ok. Die Drohne geht noch.
Nach einigem einem reichhaltigem Frühstück ging es zunächst mal ans Location-Scouting. Um nicht auf gut Glück blind auf dem Berg herum zu stolpern, befragten wir einen Bergführer bei der Seilbahn wo sich die Quelle der Lava befinde und ob er uns dort hin führen kann. WO konnte er uns recht genau sagen, aber eine Führung dort hin war nicht drin, da das Wetter umgeschlagen hat. Letzte Woche noch super Bedingungen, diese Woche auf 2.500 m Höhe bis zu 100 km/h Wind und alles ist vereist. Was für eine Enttäuschung. Er nannte zumindest den Aussichtpunkt Serracozzo an dem man die Chance hat den Lavastrom aus der Ferne zu sehen. Von der Berghütte Rifugio Citelli aus kann man diesen erreichen. Also nichts wie hin!
Unterwegs hielten wir natürlich noch an ein paar Stellen an, hatten aber beim Licht zur Mittagszeit nicht die Muße Bilder zu machen.
Dort angekommen haben wir einen netten Bergführer kennengelernt, der uns eine kleine Geschichtsstunde zum Ätna gegeben hat und ein Buch mit wunderschönen alten Kupferstichen zeigte (unten). Nein wir sprechen kein Italienisch, aber der Bergführer ist halb Deutscher und Englisch hätte auch geklappt.
Neben den Kupferstichen durften wir auch seine eigenen Bilder und Drohnenaufnahmen vom Ätna bewundern. Er ist ungefähr in unserem Alter und lebt auf dem Berg. So hat er die tollsten Momente festhalten können. Und ähnlich wie damals beim Krakatau erging es uns am Ätna wieder. Wir hätten eine Woche früher da sein müssen, als das Wetter noch milde war. Es lohnte sich wegen der tief hängenden Wolken leider nicht einmal zum Aussichtpunkt zu wandern (ca. eine Stunde Wandern).
Es ist eben so wie es ist. Aber wir hatten schon einen Ausweichplan im Hinterkopf, den ich jetzt noch nicht verrate. Nach einer warmen Mahlzeit und vielen Anekdoten und Geschichten, verabschiedeten wir uns und bekamen noch eine Tüte voller frisch gepflückter Orangen mit auf den weg.
Auf dem Weg zurück in die Unterkunft wurde das Licht schon fotogener, es bliebt aber keine Zeit für Große Klettertouren und in eine Fahrt mit Seilbahn lohnte sich nicht, da die Spitze noch immer mit Wolken verhangen war. So stiegen wir "nur" auf den Crateri Silvestri Superiore, einen erloschenen Krater auf der Südseite des Vulkans. Und dies bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h am Gipfel des Ätna! Bei diesem Krater handelt es sich um den größeren der beiden 1892 entstandenen. Ich schätze ihn auf eine Höhe von ca. 30 m. Er liegt auf 2.000 m Höhe. Der Ätna selbst ist zwischen 3.200 und 3.350 m hoch (schwankt auf Grund von Abrutschungen). Der aktuelle Lavastrom liegt bei ca. 2.500 m.
Obwohl der Aufstieg nicht hoch war, war er brutal. Dies ist zwar auch meiner generellen Unfitness geschuldet, aber auch Martin hatte zu kämpfen. Und der macht Kampfsport!
Der Krater besteht nur aus Asche und gefühlt musste ich für jeden Schritt, zwei wieder einbüßen. Und das bei diesem Wind! Damit habe ich nicht gerechnet. Darum hatte ich auch keine Schutzbrille mit. Eine Skibrille wäre hier perfekt gewesen. Übrigens kann man auf dem Ätna auch Ski fahren! Das wusste ich zuvor auch noch nicht. Komplett verrückt, oder? Auf Sizilien Ski fahren!? Ich schweife ab.
Mit frisch von Asche gepeeltem Gesicht und halb ausgehusteter Lunge kam ich endlich Oben an, wo Martin schon den besten Platz belegte. Das geschieht mir alten Couch-Potato recht. Egal, da wo die anderen fotografieren ist das Gras immer grüner, also muss ich mein Mindset ändern und mir eine eigene Komposition suchen. Ab und zu knipsen wir auch das gleiche Motiv und bekommen aber immer völlig unterschiedliche Ergebnisse. Was ist sehr spannend und motivierend finde. Trotzdem ist immer diese unterschwellige Gier nach dem "besten" Platz da. Man kann das mit Fressneid vergleichen. Total bescheuert, weil genügend für alle da ist, aber man kann es im ersten Moment nicht abstellen. Zum Glück haben wir uns gut unter Kontrolle und lassen auch mal alles stehen und liegen, um dem anderen Modell zu stehen, oder beim ausleuchten des Motivs zu helfen.
Dort wo das schöne Abendlicht auf das zerklüftete Vulkangestein fiel, war leider nicht viel zu sehen (siehe Panorama unten, als das Licht schon weg war). Daher drehte ich mich von der wolkenverhangenen Spitze weg und baute mich so auf, dass ich den Crateri Silvestri Inferior samt Hotel und dramatischen Wolken einfangen könnte. Hier oben nutzte ich zum ersten mal den Haken zum aufhängen des Rucksacks (ca. 20 kg) am Stativ, um es zu stabilisieren. Und selbst dann traute ich mich nicht das Stativ los zu lassen. Die Kamera war auf Auslösung mit zwei Sekunden Verzögerung eingestellt, sodass ich nach dem Auslösen noch kurz Zeit hatte mein ganzes Gewicht auf das Stativ zu drücken. Unter diesen Bedingungen konnte auch mein noch recht neuer Kugelkopf von ReallyRightStuff, der BH-55 glänzen. Er ist selbst mit dicken Handschuhen einfach zu bedienen und hält bombenfest. Fotografiert habe ich mit meiner D850 und dem Tamron 15-30 mm f2.8 G2. Diese Kombi wiegt knapp 2,3 kg. Das hätte (ohne abzusacken) mein alter Sirui K-30X nie im Leben geschafft. In diesem Augenblick bin ich fast froh, dass wir nicht mit Sack und Pack auf dem Weg zum Lavalstrom sind.
Seid dem wir des Refugio Citelli verlassen hatten, plagten Martin fiese Kopfschmerzen. Die Tabletten lagen natürlich nicht im Auto, sondern im Hotel. Trotzdem hat er sich tapfer durchgebissen, da wir sonst die goldene Stunde verpasst hätten. Im Fotorausch konnte Martin die Schmerzen dann jedoch ganz gut verdrängen. Meinet Wegen hätte er das nicht machen müssen, aber dank ihm haben wir noch tolle Bilder eingesackt.
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